Freitag, 30. Dezember 2016

Interview m.Händlern - heute: Manuel Wahl, Motorcorner Göppingen

Manuel  Wahl
Motocorner gehört seit Jahrzehnten zu den Top-Motorradhändlern im Ländle, welche ihrer Leidenschaft Motorrad auch in schwierigen Zeiten nie den Rücken kehrten. Im Gegenteil, gerade wenn Verkäufe den Erwartungen hinterher hinkten, pushten die Gebrüder Wahl den Markt mit eigenen Sondermodellen auf.  Seit 2006 sind neben den Marken Yamaha und Triumph auch KTMdurch Motocorner vertreten.

Anlässlich des der "happy new year party" am 29.12.16, hatten wir Gelegenheit mit einem der Inhaber - Manuel Wahl - zu sprechen.





Wir fragten Manuel Wahl (MW) nach der Zufriedenheit der Verkäufe in 2016 und wie sich die drei vertretenen Marken entwickelten.

MW: Das nun ablaufende Jahr war ein zufriedenstellendes Jahr. Die meisten Modelle, welche wir verkaufen konnten, waren die MT Modelle von Yamaha.  Yamaha hat als erstes der vier großen Japaner den negativen Abwärtstrend gestoppt und ist im vollen Aufwind. Das betrifft die ganze MT Modell Reihe.

KTM lies sich auch in 2016 gut verkaufen; es wurden zwar nicht ganz so viele Motorräder wie die von Yamaha verkauft, dennoch ein gutes Jahr. Triumph hinkt da leider etwas hinterher. Das mag auch daran liegen, dass sich Triumph derzeit mehr an bestehenden Modellen feilt als neue auf den Markt zu bringen.

MB: Uns persönlich gefallen die schon seit Jahren erhältlichen Retro Modelle von Triumph schon gut - wir haben schließlich auch das nötige Alter um uns an die 70iger Jahre zu erinnern - nur sind die Modelle einfach zu untermotorisiert. Mit 60 PS lockt man selbst mit dem schönsten Retro Modell niemand hinter dem Ofen hervor, oder?

MW: Nun, Triumph kann mit den Retro Modellen als Vorreiter der Vintagewelle gelten, doch andere Marken die erst auf den Zug aufgesprungen sind, zeigen wie man Retro und moderne Technik mit entsprechender  Leistung erfolgreich bauen und verkaufen kann.


Die 101 auf dem Glemseck ist eine tolle Sache, aber in der Form wird sich nicht ewig bestehen 


MB: Die Frage stellt sich früher oder später sowieso wie lange die Retrowelle in diesem Ausmaß noch anhalten wird. Was meinst du dazu?

MW: Die Welle wird nicht ewig anhalten. Die 101 auf dem Glemseck (siehe auch den Post zur 101 in Moppedblog Stuttgart) ist ja eine tolle Sache und wird seit Jahren auch immer größer, nur muss man sich die Generationen, welche sich für Retro interessiert, auch ansehen. Während unsere Väter und Großväter noch von Motorrädern der Vorkriegsära schwärmten, interessiert diese Epoche heute fast niemand mehr. Mit den aussterbenden Generationen, welche die Modelle noch kannten, also im richtigen Leben fahren sahen, verlor sich auch das Interesse an den Vorkriegsmodellen. Nicht anders wird es der jetzigen Retrowelle ergehen. Wer von den Jungen interessiert sich für Oldscool, die sie ja nie wirklich kannten?



MB: Schauen wir in die Zukunft. Wie sind die Erwartungen an das kommende Jahr?

MW: Wir erwarten erneut ein gutes Jahr. Insbesondere die neuen Modelle von KTM dürften gut im Rennen liegen.

MB: Wie siehst du die Zukunft der Motorräder insgesamt? Und sind die Hersteller gut aufgestellt?


MW: Kurzfristig sieht der Markt positiv aus. Mittelfristig sehe ich das nicht so. Den Herstellern fehlt es an Visionen.

Wie das Kaninchen vor der Schlange
(Im Angesicht der Schlange ist das Kaninchen unfähig sich zu bewegen, es ist starr vor Angst. So verhalten sich auch Menschen in furchteinflößenden Situationen. Die Redensart umschreibt dann ein wenig spöttisch ihre Unfähigkeit zum Handeln.)

MB: Inwiefern fehlt es an Visionen?

MW: Es gibt einfach keine zukunftsfähigen Konzepte. Noch spricht keiner vom Emissionsausstoß von Motorrädern, es wird unter den Teppich gekehrt. Das dies früher später Thema sein wird, ist sicher. Warum also nicht neue Konzepte jetzt entwerfen? Ich könnte mir gut einen Hybridantrieb bei Motorrädern vorstellen. Du hat einfach einen kleinen Emotor an Bord, mit dem fährst du Morgens los ohne dass dein Nachbar aus dem Bett fällt und sobald du aus dem Ort raus bist setzt der Verbrenner ein.  Ich kann mir Motorrad fahren ohne Verbrenner nicht vorstellen. Das gehört nun mal zum Charakter des Motorrades. Aber, in der Stadt mit Strom, leise und ohne Feinstaub unterwegs zu sein, das würde mich nicht stören.

Nur solche Konzepte oder Visionen gibt es nicht. BMW hat Visionen ja, aber das ist schon in die übernächste Generation gedacht. Für die nächste Generation gibt es keinen Ansatz.

Wenn du dann das Thema bei den Herstellern ansprichst, tun die so, als ob das Thema für Motorräder nicht gibt. Die hocken wie ein Kaninchen vor der Schlange.

Im Übrigen liest du auch nichts über das Thema in den einschlägigen Medien darüber. Dabei liegt es auch in deren Interesse das Thema zum Thema zu machen.

MB: Man merkt dir dein Herzblut fürs Mopped fahren an. Wir geben dir Recht, das Thema ist kein Thema in den Medien. Dabei hatten wir bis vor ein paar Jahren ein echtes Problem, wenn nicht schon ein Krise, denn der Nachwuchs fehlte. Erst als alle an einem Strang zogen und dann für die Jugend bezahlbare Modelle auf den Markt kamen zog der Markt an. Nur was ist eigentlich mit den Japanern los? Waren Honda, Suzuki, Kawasaki und Yamaha nicht Jahrzehnte die Marktführer? Sehen Sie heutzutage nur den globalen Markt oder schielen nur nach Amerika?




Japaner bauen keine 911er

MW: Ja, die Japaner. Yamaha ist ja wieder erfolgreich am Markt unterwegs. Grundsätzlich verstehen die Japaner andere Mentalitäten, insbesondere die der Europäer, nicht. Neben wir einmal die Vmax als Beispiel. Da baut Yamaha vor bald zwei Jahrzehnten sozusagen einen 911er Porsche. den verkaufen sie erst mal nur in Amiland. Dann kommt die Vmax auch nach Europa. Dann entwickeln sie das Modell einfach nicht richtig weiter.  Da warten die Fans jahrelang auf Neuerungen, ein der Zeit angepasstes Modell und nun fällt es aus dem Programm. Stell dir mal vor, Porsche hätte das mit dem 911er gemacht...

Die Japaner verstehen einfach nicht, dass die Vmax wie auch die Tenere an sich schon wie eine etablierte Marke von Fans gesehen wird.  Das entspricht nicht der japanischen Mentalität. Wenn wir in Europa einem Modell treu sind, kann das über Generationen so gehen. Die Japaner entwickeln lieber neue Modelle. Wenn die dann nicht so laufen wir sie selbst erwartet haben, dann lassen sie das Projekt samt Projektleiter fallen.


MB: Das stimmt. Am Beispiel Afrika Twin konnte man das gut sehen. Wollten sie das Modell am Anfang noch ganz anders taufen, so haben sie sich eines Besseren besonnen. Bzw. wurden von den Medien auch dazu gedrängt, denn alle Welt schrieb beim Erscheinen des ersten Prototypen über die neue Afrika Twin. Man kann gespannt sein ob Yamaha die zu erwartende 700er Tenere dann nicht auch so nennt...

Wir danken dir herzlich für das spontane und offene Gespräch und wünschen Euch nun auch einen guten Start ins neue Jahr und das dann mit Erfolg.   



Bildquellen: Motorradonline.de / Motorcorner.de