Hunderte
Motorrädern mit illegalen Reifen unterwegs
Was für ein Sommer! Immer noch hält
eines der für Motorradfahrer besten Jahre an, fast kein Regen, somit trockene
Straßen und trockene Offroadstrecken für viele Kilometer.
Insbesondere für die Offroadfraktion und
denen welche gerne grobstollig unterwegs sind, tauchte Anfang des Jahres ein
Problem auf, über das so gut wie nie ausführlich berichtet wurde.
Gemeint ist das Thema Reifen und Speedindex. Innerhalb der EU wurde zum Anfang des Jahres
einheitlich geregelt, dass Reifen deren Speedindex niedriger angegeben ist, als
in den Zulassungspapieren der Motorräder eingetragen, nicht mehr genutzt bzw.
auf öffentlichen Straßen und Wegen gefahren werden dürfen.
Für die meisten Straßenmotorräder kein
Problem; Ob eine ZZR oder eine R1, Metzler, Michelin und Co bieten eine
einigermaßen breite Auswahl mit entsprechend hohem Speedindex an.
Was ist der Speedindex und wo ist der auf Reifen ersichtlich?
Das dies ziemlich gut auf www.Motorradonline.de beschrieben ist, hier ein Auszug:
Ein Reifen zeigt auf seiner Seitenwand eine Menge Informationen über sich, z. B. seine Größe, seine Bauart, seine zulässige Höchstgeschwindigkeit (Speedindex, engl.), seinen Lastindex und sein Alter an.
Größe, Tragfähigkeit
und Geschwindigkeit
Was also bedeutet zum Beispiel die Zeichenfolge 160/60
ZR 17 M/C (69W), genau?
Die
erste Zahl 160 bezeichnet die Reifenbreite in
Millimetern, früher waren auch Zoll-Angaben üblich. Die Zahl nach dem
Schrägstrich 60 gibt das Verhältnis von Höhe zu Breite
in Prozent an: 60 Prozent von 160 mm bedeuten also 96 mm Höhe.
Bei Reifen mit Radialkarkasse und
obligatorischem Gürtel (sogenannte Radialreifen) folgt ein R, dem ein Z für die
Zulassung über 240 km/h voranstehen kann.
Bei einem Reifen mit Diagonalkarkasse ohne
Gürtel ("Diagonalreifen") stünde stattdessen ein Bindestrich. Reifen
mit Diagonalkarkasse und Gürtel ("Diagonalgürtelreifen")
kennzeichnet an dieser Stelle ein B (wie "belt", englisch für
Gürtel).
Die
nächste Zahl, im Bsp. 17, ist der Felgendurchmesser in
Zoll.
M/C zeigt an, dass es sich um einen
Motorradreifen handelt.
Die
folgende Ziffernangabe ist der Lastindex: Je höher die Zahl, desto mehr Last
kann der Reifen tragen. Die 69 steht für eine maximal zulässige
Last von 325 kg.
Der letzte Buchstabe, hier W, gibt die zulässige
Geschwindigkeit [Speedindex] an; der Reifen ist also für 270 km/h zugelassen.
Geschwindigkeitscodes
bei Reifen
Im Einzelnen bedeuten die Buchstaben, die die
zulässige Geschwindigkeit codieren:
J = 100 km/h - K
= 110 km/h - L = 120 km/h - M = 130 km/h
N =140 km/h - P
= 150 km/h - Q = 160 km/h - R = 170 km/h
S = 180 km/h - T= 190 km/h - U = 200 km/h - H = 210 km/h
V = 240 km/h - W=270 km/h - Y = 300 km/h
Ein Reifen muss für die in den Fahrzeugpapieren
eingetragene Höchstgeschwindigkeit + 10 % geeignet sein.
Ein Motorrad, das laut Fahrzeugpapieren 185 km/h
erreichen kann, braucht also Reifen mit dem Geschwindigkeitsindex H oder höher
(185 x 1,1 = 203,5).
Auszug ENDE
Werbefoto Continental.com |
Wieso sind nun plötzlich Hunderte illegal
unterwegs?
Nun,
das betrifft, wie oben gesagt, die Grobstöller. D.h. meist die großen Adventure
Brummer wie BMW GS oder KTM 1190 u.a.
Es gibt
für diese Bikes nämlich nicht immer geeignete Offroadreifen, welche dem
Speedindex entsprechen. Bis Ende 2017 gab es in Deutschland (und nur in
Deutschland!) die Möglichkeit auch einen Reifen mit niedrigerem Speedindex zu
fahren als in den Papieren angegeben. Dazu musste der Reifen die M+S (Matsch
und Schnee) tragen und zusammen mit einem Aufkleber mit der Angabe der zugelassenen Höchstgeschwindigkeit
des Reifens im Sichtfeld des Fahrers, also neben dem Tacho o.ä. angebracht
werden. Das war bisher eine Gesetzeslücke mit Winterreifen beim Motorrad. (Eine
gute und genaue Beschreibung hierzu ist zu finden unter dem Link https://www.mopedreifen.de/News/WICHTIGE-ÄNDERUNG-StVZO-ab-2018-für-Motorräder.html?id=24
Doch
seit Anfang des Jahres ist es damit passé. Es gilt noch ein Bestandsschutz (Nur
in D!) für Reifen mit dem Produktionsjahr 2017 (bis maximal 2024). Mit den
Reifen aus 2017 kann zusammen mit dem Aufkleber noch gefahren werden. Wohl
gemerkt: Nur in Deutschland. Wer in Italien erwischt wird, hat Pech.
Beschlagnahme, Strafe etc. können die Folge sein. Und durch die Rennleitung im Ausland kann sehr
wohl deutsche Fahrzeugscheine lesen.
Die
Reifenhersteller haben reagiert: Sie produzieren dieses Jahr munter Reifen mit
Produktionsjahr 2017! Unglaublich? Frag mal bei den Händlern nach...(siehe auch
Link oben)
Die
Motorradhersteller reagierten z.T. auch:
So wurde die neue KTM 1290 Adventure werksseitig auf 220 Vmax gedrosselt. Die
1190er Vorgängerin nicht (<240). Offenbar sind die Reifenhersteller nicht
gewillt offroad Reifen mit höherem Speedindex zu „backen“.
Merkwürdig
ist auch, das auf Hersteller Events das Thema kaum bekannt ist; So fuhren
dieses Jahr zum KTM Offroad Event auf Sardinien einige hunderte Adventure
Brummer mit ihren illegalen Offroadreifen oder ließen sich diese vor Ort
aufziehen. Nach unseren Infos gab es keine Kontrollen deshalb vor Ort. Die
Italienfahrer unter uns kennen aber die zunehmende Strenge (oder Geldgier des
Staates ?) der Carabinieri.
Fazit
Jeder
ist selbst verantwortlich für die Betriebserlaubnis seines Moppeds. Nur sollte
man sich echt ausführlich über die Sachlage informieren. Manch Händler macht
bei diesem Thema „große Augen“.
Diffuse Rechtslage
Dieser
Artikel erhebt nun keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder absolute
Aktualität, den es ist weder bei Herstellern der Reifen, noch bei den
Motorradherstellern oder von EU und deren Kommissionen etwa Schriftliches zu
erhalten, das man im Zweifel einem Polizisten zeigen könnte.
Sofern
unter der Leserschaft aktuellere Infos belegbar vorliegen, so sendet diese
bitte ein, wir erweitern den Artikel gerne. Denn auch uns ist daran gelegen mehr
Rechtssicherheit zu erlangen (abgesehen von der eigenen Sicherheit).